Autorin Stefanie Gregg war die allererste Teilnehmerin der Meerschreibzeit. Hier erfahrt ihr etwas zu ihrem Roman „Glaskind“, an dem sie während der Meerschreibzeit 2023 gearbeitet hat.

Exklusiv für uns erzählt sie außerdem in einem kleinen Interview, wie er entstanden ist und wie es ihr beim Schreiben daran erging.

Stefanie Greggs „Glaskind“ erscheint im Dezember beim Aufbau Taschenbuchverlag und kann bereits jetzt vorbestellt werden.

Cover des Romans „Glaskind" von Stefanie Gregg, der in der Meerschreibzeit entstanden ist

Titel: Glaskind

Verlag: atb

Erscheinungsdatum: Dezember 2024

Vita:

Stefanie Gregg, geb. 1970 in Erlangen, studierte Theaterwissenschaft, Germanistik,

Philosophie und Kunstgeschichte und promovierte über das Lachen. Die Münchner Autorin schreibt Romane, Kriminalromane und Kurzgeschichten. Sie ist Mitglied des PEN Berlin.

Ihre Trilogie „Nebelkinder“ verkaufte sich über 60.000 Mal.

Klappentext von „Glaskind“

»Was ist ein Glaskind? Ein gesundes Kind, das ein Geschwister mit besonderen Bedürfnissen hat, das ständige Aufmerksamkeit und Pflege braucht. Das Kind daneben wird nicht gesehen, es ist durchsichtig. Wie Glas.« Alicia Maples

Maya lebt endlich ihr eigenes Leben. In ihrer Kindheit gab es nur den kleinen Tobi, um den sie sich kümmern musste. Tobias ist ein Mensch mit genialen Fähigkeiten, aber als Autist ist er nicht in der Lage, ein eigenes Leben zu führen. Als ihre Mutter einen Unfall hat, soll Maya sich wieder um ihren Bruder kümmern. Von Hamburg reist sie zurück in ihre Heimat München, doch bald begreift sie, dass sie eines nicht darf, in die alte Rolle zurückfallen: wieder ein Glaskind werden, das sich für andere aufopfert, aber dessen Bedürfnisse nicht gesehen werden.

10 Fragen an die Autorin Stefanie Gregg

Was bedeutet dir dieses Buch?

Es heißt „Das Glaskind“. Glaskinder sind Geschwisterkinder von im weitesten Sinne behinderten Kindern oder Kindern, die besondere Aufmerksamkeit der Eltern benötigen. Das Kind daneben wird nicht gesehen. Es ist durchsichtig – wie Glas. Im Laufe meiner Recherchen und der Arbeit an dem Buch wurde mir klar, wie viele dieser Glaskinder es gibt und unter welchem Leidensdruck sie stehen, den sie selbst oft nicht verstehen und nicht äußern können. Mit diesem Roman kann ich diesen Menschen eine Stimme geben, eine Geschichte geben. Das ist mir sehr wichtig.

Ist dir das Schreiben leichtgefallen oder war es ein schwerer Prozess?

Wie immer – ein schwerer Prozess. Ein Roman entsteht bei mir in etwa einem Jahr. Zuerst die Recherche, die Annäherung an das Thema, die Entwicklung eines Plots, die Ausarbeitung und viele weitere Recherche. Dann erst geht es an den Schreibprozess, von dem nur der geringste Teil das eigentliche Schreiben ist, das ich immer wieder als glücksbringend und erfüllend empfinde, selbst wenn auch dies oft „schmerzt“ und unter Anstrengung geboren werden muss. Dann kommen zigfache Korrekturläufe, Umstellungen der Kapitel, Überarbeitung jedes Satzes, jedes Wortes. Das ist mühsam. Aber ich liebe auch diese Textarbeit. Arbeit ist es dennoch, harte Arbeit.

Was hast du in der Meerschreibzeit daran gemacht? Wie weit war dein Projekt schon?

Mit knappen hundert Seiten bin ich zur Meerschreibzeit gekommen. In den zehn Tagen meines Aufenthaltes kamen 100 weitere hinzu. Das ist sensationell. Ich war nie zuvor und nie danach so produktiv.

Was hattest du für Ziele und Erwartungen für dein Buch, als du gekommen bist?

Ich hatte bereits „Schreibauszeiten“ mit KollegInnen gemacht und wusste, dass diese produktiv, intensiv und schön sind. Nie jedoch mehr als vier Tage. Ich kam nur mit der kleinen großen Hoffnung, dass dies wieder so sein könnte. Auch dass ich die November-Sonne in Tunesien genießen könnte. Und vielleicht nette KollegInnen kennenlerne.

Und haben sich die Erwartungen erfüllt? Hast du deine Ziele erreicht?

Meine Erwartungen haben sich über-über-erfüllt. Die Zeit war inspirierend, intensiv, unglaublich produktiv, dabei so leicht in der wunderschönen Atmosphäre an diesem so freundlichen Hotel am tunesischen Strand. Ich war gleichzeitig so konzentriert und entspannt – es war ungewöhnlich und wunderbar.

Und: ich habe mit den drei Organisatorinnen und anderen Kolleginnen Menschen getroffen, die ich sehr schätze, mit denen ich wundervolle Gespräche geführt habe und die sich für mich als tiefe Freunde anfühlen, auch wenn wir uns kaum wiedersehen konnten – hoffentlich dieses Jahr wieder.

Was hat deine Kreativität besonders in Schwung gebracht?

Das Rauschen des Meeres, der Blick auf die Wellen vom Schreibsaal aus hat mich aus dieser Welt enthoben und fließen lassen in die Welt meiner Romanfiguren. Es war einfach wunderbar. Aber auch die Menschen um mich herum, der tunesische Wein, jeden Abend Yoga mit Blick auf den Strand und der gebratene Fisch und tiefe Gespräche und ein Seeigel … und … und … und …

Wie wichtig ist dir Austausch während des Schreibprozesses?

Die Arbeit des Schreibens ist eine sehr einsame. Und muss es auch sein. Und ich kann gut mit mir alleine und mit dem Schreiben alleine sein. Dann aber muss man hinaus, in das Gespräch mit der Außenwelt, über den Text und alles andere, sonst überlebt man kaum. Sich mit Kolleginnen austauschen zu können, die diesen Wahnsinn der Schreibarbeit kennen und verstehen, ist etwas sehr Besonderes, sehr Wichtiges und sehr Schönes.

Was brauchst du, um richtig produktiv schreiben zu können?

Ich persönlich brauche Ruhe. Kaffeehausschreiber bewundere ich, aber niemals könnte ich so schreiben.

Und trotzdem konntest du in Tunesien mit anderen in einem Raum schreiben …

Ja, diese konzentrierte und inspirierende, vor Ideen und Worten in aller Stille schwirrende Luft habe ich in unserem Schreibsaal gefunden. Meine innere Ruhe aber habe ich durch Sonne, Strand und Meer gefunden. Und durch die wunderbaren Menschen, die ich dort traf.

Wie ging es nach der Meerschreibzeit weiter?

Danach konnte ich nie wieder 100 Seiten in zehn Tagen schreiben. Aber das ist in Ordnung, das geht natürlich nicht immer. Aber das Buch wurde fertig, soeben lese ich die Fahne. Und ich glaube, ich bin sehr glücklich, dass ich dieses Buch schreiben durfte.

Stefanie ist auch 2024 wieder bei der Meerschreibzeit dabei. Wir sind gespannt auf ihr nächstes Projekt.


Wenn du mehr über die Erfahrungen bei der Meerschreibzeit erfahren willst, kannst du dir HIER ein paar Eindrücke zur Meerschreibzeit 2023 holen